Sie sind ein Verkäufer ältester Schule. Sie haben ihr Mundwerk von der Pike auf gehegt und gepflegt. Sie beherrschen es aus dem Effeff, den Gegenüber auf Ihre Seite zu ziehen, auch wenn er das gar nicht will. Gratulation, denn noch sind Ihre Vertriebsbosse stolz auf Sie.

Besonders aber mein Mitgefühl, denn beruflich überleben können Sie mit dieser Haltung und jenen Fähigkeiten nicht. Der Verkäufer alter Schule ist bereits heute zumindest scheintot. Wie Phoenix aus der Asche wird er sich garantiert nicht erheben. Es sei denn, er steigt ganz schnell um auf die Vertriebsstrategie des 21. Jahrhunderts, auf Verkaufen 2.0.

Was dies bedeutet werde ich Ihnen ab sofort regelmäßig in meiner Kolumne erläutern.

Die Denkmuster, die dahinter stehen. Die Wirkungsweise und die überwiegend positiven Folgen, die schon heute alle am eigenen Leib, heißt: auf dem eigenen Konto, spüren, die mit Verkaufen 2.0 arbeiten, ja es leben.

Es hat einen guten, überdies plausiblen Grund, dass insbesondere die Fluktuation im Vertrieb von Versicherungen und anderen Finanzprodukten stetig wächst. Da ist schon einer seit 20 Jahren Verkäufer, hat aber in dieser Zeit für ein gutes Dutzend Versicherungen gearbeitet. Oder aber für eine Hand voll durchstrukturierter Finanzvertriebe, die es praktisch an jeder Ecke gibt, sobald sich zwei Verkäufer begegnen, die am liebsten mit wenig Arbeit ihr Geld auf Kosten zig oder gar hunderter Unter-Verkäufer verdienen wollen.

Also, unser Verkäufer mit einer kleinen Ewigkeit Erfahrung im Vertrieb wechselt seit fünf Jahren in beängstigendem Tempo seine – nennen wir sie einmal – Auftraggeber. Entsprechend uninspiriert und auch erfolglos ist seine Arbeit. Allmählich spürt er, dass ein neuerlicher Sprung vom Einen zum Anderen ebenfalls nichts bringt. Klar, ein Mensch verändert selbstverständlich nicht seinen Charakter, sobald er sich ein frisches Hemd und eine andersfarbige Krawatte anzieht. Der immer geringere verkäuferische Erfolg liegt im System. Auf den Punkt gebracht: Verkaufen 1.0 ist out.

Ab sofort überlebt ausschließlich der Verkäufer, der die Version 2.0 beherrscht.

Das hört sich überheblich an, ist es bei näherem Hinschauen aber nicht.

Denn das Credo des Konzepts Verkaufen 2.0 lautet: Verkaufen ist helfen, helfen beim Einkauf. Deshalb ist der Verkäufer von früher in der Diktion der Version 2.0 nichts anderes als der Einkaufshelfer für den dank der Online-Welt sensationell informierten Verbraucher.

Was zeichnet nun den erfolgreichen Einkaufshelfer von heute, der früher „Verkäufer“ genannt wurde, besonders aus? Ganz einfach: Mut, Spaß und Leidenschaft sowie die Überzeugung, dass der Verbraucher zweifellos ein Recht hat auf seine eigene Meinung, seine eigenen Wünsche, seine eigene Überzeugung. Kein Kunde will mehr hören, dass der ihm vis à vis sitzende Verkäufer das schönste Produkt und die besten Dienstleistungen hat, er also der sowieso Allergrößte ist. Im Zweifel weiß es der Kunde nämlich besser.

In der Hinsicht, dass das ihm in den buntesten Farben geschilderte Produkt eben nicht das schönste ist, die angepriesene Dienstleistung eben nicht die beste und der Verkäufer zweifellos nicht der allergrößte rund um den Globus ist.

Insbesondere zwei Dinge sind bedeutsam für den Erfolg. Der Verkäufer als Einkaufshelfer ist kein Aufschneider und auch kein Angeber. Er ist bescheiden und kann gut (hin)hören. Kurz und gut, er spricht als Person des Vertrauens. Mit der zwangsläufigen Folge, dass der Kunde ihm auch dieses Vertrauen und Respekt entgegenbringt, weil beide sich auf gleicher Augenhöhe begegnen. Es somit auch nicht das geringste Anzeichen für Dominanz in die eine oder andere Richtung gibt.

Welch ein Unterschied zum Verkäufer alter Schule. Zwischen dem Einkaufshelfer von heute und diesem anachronistischen Vertriebler liegen Welten. Denn er ist es seit Jahren oder vielleicht auch Jahrzehnten gewohnt, laut zu sein, bunt zu sein. Er will überreden mit allen Mitteln und dem größtmöglichen Einsatz von Emotion. Motto: Beim Nein des Kunden fängt der Verkauf erst an.

Könnte dieses Verhalten nicht auch auf einen erheblichen Mangel an Selbstvertrauen zurückzuführen sein? Muss man als Verkäufer seinen Mitmenschen wirklich unentwegt dokumentieren, was man für ein toller Hecht ist? Nein!!

Im Gegensatz dazu will der Einkaufshelfer wirklich wissen, was seinen Kunden tatsächlich umtreibt, was er möchte, was er künftig vorhat. Das ist nichts anderes als Bescheidenheit, aber kein Zeichen für mangelndes Selbstvertrauen oder gar gespieltes Understatement. Denn wirkliches Selbstvertrauen bedeutet: seine eigenen Fähigkeiten und charakterlichen Eigenheiten realistisch einzuschätzen. Stolz auf seine Leistung zu sein. Zugleich aber nicht abzuheben, das Ego nicht aufzublähen.

Hinhören – das ist die Kunst, die der Einkaufshelfer von heute beherrschen muss. Das ist die Kunst, die ihn maßgeblich vom Verkäufer alter Schule unterscheidet und ihn deshalb weitaus erfolgreicher macht als diesen. Jenes Hinhören ist der Wettbewerbsvorteil schlechthin, den Einkaufshelfer als Verkäuferin 2.0 bzw. Verkäufer 2.0 haben.