Verraten und Verkauft – so lautet eine leider gebräuchliche Redewendung, die das Image des Verkäufers in der Gesellschaft beschreibt. Leider, wie ich finde, denn Verkaufen ist eine Leidenschaft, mit der man Menschen bei Investitions-Entscheidungen hilft. Ich verstehe Verkäufer als Helfer beim Einkauf, die ihre Kunden unterstützen und ihnen helfen individuelle Bedürfnisse zu befriedigen.

Aber was macht den Kunden von heute aus? Das fasse ich im dritten Kernsatz der innovativen Vertriebsstrategien „Verkaufen 2.0“ zusammen:

„Der Kunde von heute ist anspruchsvoll und sich seiner Rolle als Investor bewusst. Er will ernst genommen werden und sich nichts mehr vormachen oder verkaufen lassen. Deshalb sucht der Kunde nach souveränen Verkäufern.“

Aber was macht einen Investor oder Käufer aus? Allgemein: Jemand, der sein gutes Geld, sein sauer Erspartes weg gibt für ein Produkt oder eine Dienstleistung. Er will genau wissen, worin er sein Geld investiert. Er ist anspruchsvoll in jeder Hinsicht, da er in Zeiten sozialer Netzwerke und des Web 2.0 bestens informiert ist. Aber welche Schlüsse muss die andere Seite, der Anbieter, der Produzent, der Verkäufer, daraus ziehen? Wie müssen wir uns verhalten, damit unser Gegenüber investiert?

Jeder von uns, ob nun Firmenchef oder Arbeitnehmer, ist ein Verkäufer seines eigenen Produkts oder seiner Dienstleistung. Beim einen ist es der Mittelklassewagen, beim anderen die Arbeitskraft, sind es die eigenen Fertigkeiten oder die Leistungsbereitschaft. Der Kunde muss ernst genommen werden, denn jeder der eine Investition tätigt, muss respektvoll, ehrlich und umfassend über das Angebot informiert werden. Dies ist besonders relevant und folgenreich, sobald besagter Einkauf gleichbedeutend ist mit einer Investition im Gegenwert eines sechsstelligen Eurobetrags, die zudem die ökonomischen Möglichkeiten des Käufers in den nächsten 20 oder 30 Jahren bestimmt.

Ein Haus beispielsweise kauft in der Regel niemand mal eben so. Und der Verkäufer als Helfer beim Einkauf sollte sich in jeder Sekunde darüber bewusst sein, welche
enorme Verantwortung er trägt. Er muss seinen Kunden souverän beraten und sich auf dessen Bedürfnisse konzentrieren. Denn die eigenen Vorstellungen bzw. Präferenzen des Verkäufers dürfen bei der Entscheidung seines Gegenübers keinen Platz haben.

Die zwangsläufige Fortentwicklung und Optimierung des Vertriebs alter Schule ist deshalb das Verkaufen 2.0. Im Grunde muss der Verkäufer dafür vergleichsweise wenig mitbringen: Empathie, die Fähigkeit, hinzuhören und mitzudenken, die Bereitschaft, die Wünsche des Kunden zu erfragen. Insbesondere die Ängste und Bedenken rund um die oftmals größte Investition im ganzen Leben müssen ernst genommen und nicht nach alter Verkaufsmanier etwa mit Gegenfragen vom Tisch gewischt werden. Im Sinne des Konsumenten ist nur folgerichtig: Vintage-Verkäufer müssen „ent-lernen“ und sich mit dem einzig zielführenden Konzept und der Philosophie des Verkaufens 2.0 befassen.

Die Betriebswirtschaft beginnt erst jetzt, sich mit den weichen Faktoren zu beschäftigen. Nutzenmaximierung, Kundenorientierung und das Verständnis, dass Verkaufen heute mehr mit kommunikativen als mit fachlichem Wissen zu tun hat, beginnt sich durch zusetzen. Eine Selbstverständlichkeit ist, so der Begriff von Verantwortung, dass sich Verkäufer 2.0 auf das Wesentliche konzentrieren. Und dabei ein Gespür für die entscheidenden Informationen entwickeln, die der Kunde im Gespräch preisgibt. Der Mensch als Kaufinteressent und Konsument lässt sich nicht auf Knopfdruck davon überzeugen, dass der Verkäufer ihn bei seiner Investition in der Rolle des „Helfers beim Einkauf“ beraten will.

Was dringend benötigt wird, damit der Verkäufer jene Akzeptanz genießt, die ihm gebührt – nämlich ein Ratgeber mit höchsten Empathiewerten – ist die Abschaffung gängiger und weitgehend überholter Verkaufsstrategien. Und deren Ersatz durch zeitgemäße, allein dem Interessenten zugewandte Consulting-Konzepte. Daher ist Verkaufen 2.0 der einzig erfolgversprechende Weg in die Zukunft des Vertriebs.