Dieser Artikel ist am 28.4.2011 in der online-Ausgabe von FondsExklusiv erschienen:

Als Verkäufer kennen wir sie in- und auswendig. Können sie zu jeder Tages- und Nachtzeit herunterbeten, erläutern, nachzeichnen und was auch immer. Aus gutem Grund, war doch die legendäre Maslowsche Bedürfnispyramide über Jahrzehnte die Grundlage schlechthin der Verkaufspsychologie und jedweder Vertriebsschulung. Die Lehre von den Grundbedürfnissen des Menschen – Ernährung, Dach über dem Kopf sowie Fortpflanzung – steht auch heute noch im Mittelpunkt jedes Vertriebskonzepts.
In gewisser Weise zu Recht, denn ganz gleich, was wir auch verkaufen wollen, ob nun ein Produkt oder eine Dienstleistung – vor dem ersten Gespräch müssen wir uns über die Grundbedürfnisse, die bei jedem Menschen angeblich identisch sind und die jeder Mensch befriedigen möchte, im Klaren sein.
So berechtigt die herausragende Bedeutung der Maslowschen Bedürfnispyramide im Vertrieb seit einer kleinen Ewigkeit auch sein mochte, sie ist zumindest in weiten Teilen wenn nicht überholt, dann doch ziemlich unpräzise. Dies dokumentieren die Ergebnisse moderner Hirnforschung, etwa von Professor Hans-Georg Häusel (“Think Limbic”) eindrucksvoll. Ihr zufolge hat der Mensch eben nicht hauptsächlich Sinn für Essen, Trinken, Wohnen und Sex.
Häusels Erkenntnis, wonach Menschen viel zu individuell sind, um in eine Schublade gesteckt und auf einige wenige Grundbedürfnisse reduziert zu werden, ist einfach, richtig und plausibel. Da wundert es mich doch, dass niemand früher darauf gekommen ist und gängige Verkaufskonzepte praktisch allein mit dem Breitband-Antibiotikum Maslow gearbeitet haben und bis heute arbeiten.
Auch nach Häusel gibt es bestimmte Eigenschaften – nennen wir sie Grundausrichtungen, die jeden von uns kennzeichnen. Es sind die drei dominierenden Richtungen im so genannten Limbischen Profil. Nämlich Dominanz, Balance und Stimulanz. Was die moderne Hirnforschung nach Häusel so bahnbrechend für Verkaufen 2.0 macht ist folgender Fakt: Für die drei Typen im Limbischen Profil gibt es unterschiedliche Wertigkeiten im Leben. Für uns als Verkäufer bedeutet dies: Bestimmte Argumente oder auch Vorteile eines Produkts bzw. einer Dienstleistung können für den einen Kunden kaufentscheidend sein, aber für den anderen weniger oder überhaupt nicht wichtig.
Für den Verkäufer 2.0 zählt zu den bedeutsamsten Erfolgsfaktoren, mit den Grundzügen der modernen Hirnforschung von Professor Häusel vertraut zu sein.
Schließlich ist bei Verkaufen 1.0 nicht alles schlecht. Und einiges stimmt bis heute. Etwa die beiden Zitate: Wer aufhört besser zu werden, hat aufgehört gut zu sein. Und: Die Wiederholung ist die Mutter des Lernens.